Selbstliebe: Ab jetzt repariere ich nur noch die Beziehung zu mir selbst

Selbstliebe: Ab jetzt repariere ich nur noch die Beziehung zu mir selbst

Wenn die Männer, die ich in den letzten Monaten gedatet habe, Häuser wären, sähen sie allesamt aus wie Bruchbuden. Damit meine ich nicht ihr optisches Erscheinungsbild, sondern ihre psychische und emotionale Verfassung.

Wenn Dating eine Wohnungssuche wäre, würde ich mich nicht für den schicken Neubau oder den frisch sanierten Altbau entscheiden. Nein, ich suche mir immer Projekte: Ich will die kaputten Hütten, bei den der Putzen von den Wänden kommt und der Keller modrig riecht. Undichtes Dach oder schlecht isolierte Fenster? Ich unterschreibe sofort einen Kaufvertrag. Anschließend verwende ich richtig viel Zeit dafür, diese Bruchbuden wieder aufzuhübschen – dabei wollen die das nicht einmal.

Mit dieser Metapher will ich jetzt nicht sagen, dass alle meine Verflossenen Vollkatastrophen waren (nicht alle). Tatsächlich fühle ich mich schon mein Leben lang zu Männern mit Baustellen hingezogen. Dafür gibt es diverse Gründe:

  • Menschen mit großen Problemen sind sehr häufig interessantere Gesprächspartner als Finanzamt-Jochen und BWL-Justus.
  • Wenn ich jemandem helfen kann, ein Problem zu lösen, fühle ich mich gebraucht. Dadurch sinkt das Risiko, dass diese Person mich fallen lässt (erwähnte ich schon, dass ich Verlustängste habe?).
  • So lange ich mich mit den Problemen anderer Menschen beschäftige, bin ich von meinen eigenen Problemen abgelenkt.
  • Menschen mit tiefliegenden Problemen sind oft bereit, sich sehr schnell und intensiv zu binden. Dieses eher ungesunde Bindungsverhalten bestätigt mein Selbstwertgefühl enorm.

Ich muss wohl kaum erklären, dass mein Auswahlverfahren alles andere als gesund ist. Mehr noch: Es sabotiert meinen Wunsch nach einer erwachsenen, funktionalen Partnerschaft auf Augenhöhe. Denn im Gegensatz zu einem kaputten Haus, lassen Menschen sich nicht mit handwerklichem Geschick und genügend Geld reparieren. Bei letzteren ist jeder Reparaturversuch vergebens, so lange der Antrieb dazu nicht aus ihnen selbst heraus kommt. Somit wäre die ganze Energie, die ich in meine Männer stecke womöglich besser in mich selbst investiert (ein Erkenntnis-Tusch bitte). Deshalb möchte ich in 2025 versuchen, mich zur Abwechslung selbst zum Reparaturprojekt zu machen und an meiner Selbstliebe zu arbeiten.

Selbstliebe ist dreckige Arbeit

Selbstliebe war 2024 eines der schlimmsten Buzzwords in meiner Social Media. Schlimm deshalb, weil es häufig so falsch verstanden wird. Influencer*innen und Unternehmer*innen verwechseln Selbstliebe gerne mit Wellness. Als wäre der Job damit getan, einmal pro Woche eine Gurkenmaske aufzulegen oder sich ein Stück Kuchen zu gönnen. Aber wenn Selbstzweifel sich in der Sauna auflösen würden, hätte ich meine Therapiesitzungen längst ins Spa verlegt. Und auch wenn ich gerne in die Sauna gehe, kämpfe ich dort auch noch regemäßig mit meinen Körperkomplexen. Also doch erstmal eine klare Empfehlung für klassische Therapie in einem Sprechzimmer. Angezogen. Mir hat es zumindest sehr geholfen, zu verstehen, woher mein negatives Selbstbild kommt, warum ich ständig den Druck fühle, performen zu müssen und zur Selbstausbeutung neige. Und das war ist ein guter Ausgangspunkt für Veränderung. Und um diese voranzutreiben, drehen sich meine Neujahrsvorsätze für 2025 um mich in die Beziehung zu mir selbst.

Mein bestes Reparaturprojekt: Vorsätze für mehr Selbstliebe

Ich verspreche mir selbst….

…auf meine Grundbedürfnisse zu achten.

Ich will mir ausreichend Zeit für Schlaf und Erholung schenken. Mein Essen muss nur noch zwei Kriterien erfüllen: Es soll lecker und nahrhaft sein. Nahrung muss mich weder schlank, noch schön machen, ablenken, trösten oder sonst einen emotionalen Zweck erfüllen. Ich will mich jeden Tag bewegen – nicht um einem Fitnessideal zu entsprechen, sondern weil mein Körper das braucht – genauso wie meine Haut Bodylotion nach dem Duschen braucht.

…mich mit meinen Gefühlen auseinanderzusetzen.

Ich finde Gefühle ja richtig lästig – vor allem die unangenehmen wie Traurigkeit oder Enttäuschung. Da sie meistens in ungünstigen Momenten auftauchen, schiebe ich sie gerne beiseite oder halte sie klein, so wie man ein nerviges Kind abkanzelt: “Ja ja, jetzt hör auf zu jammern. Ich hab jetzt keine Zeit dafür.” Ich habe mir ein Journal gekauft, das ich als Tagebuch nutzen will. In meinem Kalender sind jetzt jeden Tag 30 Minuten geblockt, in denen ich aufschreiben kann, was mir gerade so durch den Kopf geht. Wenn ich schreibe, fällt es mir leichter, mir selbst zuzuhören. Dann können diese ganzen Gefühle mir mal in Ruhe erklären, warum sie eigentlich so steil gehen.

…mich nicht mehr an meiner Leistung zu messen.

Ich bin so unglaublich leistungsgetrieben, dass es weh tut. Ich muss mehr schaffen und auch noch besser darin sein als alle anderen. Das an sich finde ich eigentlich nicht schlimm: Mein Antrieb hat mich weit gebracht im Leben und ich genieße die Herausforderung, mich selbst immer weiter zu pushen. Was ich gar nicht mag, wie ich mich selbst fertig mache, wenn ich scheitere. Und Scheitern fängt für mich schon an, wenn auf der To Do-Liste nicht alle Punkte abgehakt sind. Ja, mein innerer Kritiker ist ziemlich übereifrig in meinem Job. Es wird Zeit, eine innere Waldorfschul-Lehrerin zu entwickeln, die ihm etwas entgegenzusetzen hat.

…nicht mehr Energie als angemessen in eine Beziehung zu investieren.

Einer meiner hartnäckigsten Glaubenssätze ist, dass Zuneigung nicht selbstverständlich ist. Wenn jemand (insbesondere ein Mann) mir also nicht genügend Interesse schenkt, werte ich das als Zeichen dafür, dass ich mir mehr Mühe geben muss. Und wieder stecke ich eine Menge Energie in einen Menschen, der mich überhaupt nicht zu schätzen weiß. Inzwischen erkenne ich dieses Muster. Mich umzuprogrammieren wird wahrscheinlich die größte Herausforderung, der ich mich bisher stellen musste. Aber mein Gefühl sagt mir, dass das Ergebnis sehr befreiend sein wird.

…die Flucht zu ergreifen, wenn ein Mann mir dieses Kribbeln gibt.

Er ist hübsch, eloquent, humorvoll und auf jeden Fall emotional nicht erreichbar – genau mein Beuteschema. Sofort ist da dieses Kribbeln in meinem Bauch. Mein nächstes Projekt ist gefunden. Ab jetzt kann der Typ mit so vielen roten Fahnen wedeln wie er möchte: Jede davon ist für mich nur eine Bestätigung, mich noch mehr ins Zeug zu legen, nur um nach ein paar Wochen wieder mit gebrochenem Herzen bei meinem Therapeuten zu sitzen. Aus einer leider nicht vollziehbaren, fragwürdigen Quelle, habe ich die Theorie gehört, dass dieses Kribbeln eigentlich ein Warnsignal ist: Mit Adrenalin kommuniziert mein Gehirn mir, dass ich die Beine in die Hand nehmen sollte. Vielleicht sollte ich zu Abwechslung mal darauf hören.

P. S.: Wenn irgendwer eine Idee hat, wo diese Theorie herkommt, würde ich mich immens über eine Quelle freuen. Danke vorab!

To be continued

Diese Liste ist alles andere als vollständig und alle diese Vorsätze lassen sich in jedem Fall noch ausbauen. Aber gemäß Vorsatz 3 gebe ich mich damit vorläufig zufrieden. Lasst mich gerne wissen, was ihr euch für 2025 vorgenommen habt. Wollt ihr euch auch mehr um euch selbst kümmern? Mich würde sehr interessieren, wie ihr das umsetzt und wie es damit vorwärts geht. Schreibt mir gerne hier oder auf meinem Instagram-Kanal.

leerer Topf ohne Deckel auf einem Herd.
Topf ohne Deckel

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Single bleiben? Ja!

Ich bin aufgewachsen mit dem Glauben, dass die Liebe eines Mannes mein Happy End bedeutet. Entsprechend bricht mir der Angstschweiß aus, wenn ich daran denke, dass ich mit 37 wieder Single bin. Woher kommt dieser Quatsch?

Lisa-Marie Avatar

One response to “Selbstliebe: Ab jetzt repariere ich nur noch die Beziehung zu mir selbst”

  1. […] die mit ihren drölf Hunden Zungenküsse tauscht. Dieses Bild hat mich mehr als einmal in Beziehungen mit “ungünstigen” Rahmenbedingungen getrieben haben. Ich verliebe mich viel zu schnell und wahllos und verbringe dann […]

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