Sie müffelt, sabbert und hat mir noch nie im Haushalt geholfen. Trotzdem ist mein Hund mir wichtiger als jeder potenzielle Partner. Was mein Hund mir über respektvollen Umgang, Kommunikation und mich selbst beigebracht hat.
Mein Hund ist für mich wie mein Kind. Pepper kommt bei mir immer an erster Stelle. Wer mir beim ersten Date sagt, dass er keine Hunde mag, wird kein zweites bekommen. Wer ein Teil meines Lebens sein möchte, muss mit Hundehaaren auf der Kleidung und feuchten Zungenküssen umgehen können (ich arbeite noch an meiner Technik).
Denn zum einen hat Pepper einfach den krassesten Hundeblick. Zum anderen gibt mir unsere Beziehung vieles, was ich mir in früheren Partnerschaften gewünscht hätte. Zum Beispiel:
Mein Hund ist absolut ehrlich.
Hunde lügen nicht. Sie verbergen keine Geheimnisse. Sie sagen dir nicht, dass alles okay ist, wenn in Wahrheit ihre Welt brennt. Durch ihre Körpersprache kommuniziert Pepper mir klar und direkt, wie sie sich gerade fühlt und was sie möchte. Ich kann dann sofort entscheiden, ob und wie ich darauf eingehen möchte. Eine solche klare und direkte Kommunikation würde sicherlich auch in vielen zwischenmenschlichen Beziehungen helfen.
Das gleiche funktioniert auch umgekehrt: Mein Hund beobachtet mich den ganzen Tag. Sie kennt meine Gewohnheiten so gut, dass sie mein Verhalten besser vorhersagen kann als ich. Entsprechend merkt sie auch, wenn ich angespannt oder gestresst bin. Pepper reagiert darauf mit Unsicherheit: Wenn ich also merke, dass mein Hund unruhig wird, muss ich die Ursache dafür in erster Linie bei mir selbst suchen. Entspanne ich mich wieder, chillt der Hund bald mit. Durch Pepper habe ich also gelernt, mich selbst kritischer zu beobachten: Bin ich gerade gestresst? Brauche ich vielleicht eine Pause oder gibt es ein ungestilltes Bedürfnis, um das ich mich kümmern sollte? Warum schreie ich eigentlich?



Mein Hund erwartet nichts von mir.
Ich hatte gedacht, du meldest dich.
Von meiner Freundin kann ich ja wohl erwarten, dass sie mich unterstützt.
Mein Ehemann sollte immer für mich da sein.
Zweimal pro Woche Sex sollte auch nach vielen Jahren Beziehung noch drin sein.
Viele Menschen in Beziehungen erwarten gegenseitige Bedürfnisbefriedigung voneinander. Das ist hart, denn Menschen haben komplexe Bedürfnisse: Neben essen, trinken, pullern und schlafen streben sie nach Sicherheit, Anerkennung, Liebe und Selbstverwirklichung. Sie wollen wertgeschätzt und wahrgenommen werden, sich zugehörig fühlen und gleichzeitig Individuen sein, Strukturen und gleichzeitig Freiheit haben und so weiter. All das zu erfüllen ist schwer bis unmöglich. Und dennoch legen sich viele Paare diese Verantwortung ganz selbstverständlich auf. Leute, das ist so anstrengend.
Natürlich hat Pepper auch einige Bedürfnisse. Im Gegensatz zu meinen menschlichen Freund*innen ist sie sogar darauf angewiesen, dass ich mich darum kümmere. Aber sie erwartet es nicht von mir. Stattdessen freut sie sich einfach wie dumm, wenn ich etwas für sie tue. Dementsprechend braucht es wirklich nicht viel, um sie glücklich zu machen: Essen (geil!), Gassi gehen (yay!), Tauziehen spielen (immer!), Kuscheln auf dem Sofa (beste!).
Wichtige Lebenslektion: Hör auf mit dieser Erwartungshaltung und du wirst viel weniger enttäuscht werden.
Mein Hund ist nicht nachtragend.
Auch im Leben mit Hund gibt es Konflikte. Pepper und ich streiten hauptsächlich übers Essen. Sprich: Sie möchte das verschimmelte Wurstbrot an der Straßenecke essen. Ich möchte nicht, dass sie das tut. Es folgt eine kurze Diskussion, die ich in der Regel gewinne. Zwei Minuten später ist der Disput vergessen – und zwar wirklich. Niemand ist danach stundenlang beleidigt. Und beim nächsten Konflikt wird sie mir garantiert nicht um die Ohren hauen “Das ist genau wie damals, als ich das Wurstbrot nicht fressen durfte.”
Dafür bin ich sehr dankbar. Denn ich selbst bin auch nicht nachtragend. Ich finde es richtig unsexy, wenn Menschen ewig lange auf alten Streitereien herumhacken. Macht das bitte nicht mit mir.
Mein Hund lässt mich mein Leben leben.
So lange ihre Grundbedürfnisse erfüllt sind, lässt Pepper mich tun, was ich möchte. Ich muss mit ihr nie verhandeln oder Kompromisse finden. Sie richtet sich immer nach meinem Terminkalender. Wenn ich eine neue Wohnung, eine neue Karriere oder ein neues Hobby will, dann muss ich das nicht mit ihr besprechen. So lange ich am Ende des Tages nach Hause komme, um sie hinter den Ohren zu kraulen, ist ihre Welt in Ordnung.
Natürlich würde ich von einem Partner nie erwarten, dass er sich einfach meinem Diktat unterwirft. Aber es ist schon so, dass ich viele Freiräume in meinem Leben brauche und auch beibehalten möchte. Es wäre sinnvoll, wenn mein zukünftiger Partner ähnlich tickt.
Die Liebe meines Hundes ist bedingungslos.
Ob Hunde wirklich Liebe empfinden können, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend geklärt. Erste Hinweise gibt es aus kleineren Studien, in denen die Hirnaktivität von Hunden im MRT abgebildet wurde. Wenn Hunde ihre Besitzer*innen sehen werden Hirnregionen aktiviert, die mit tiefen Gefühlen, Belohnung und Motivation in Verbindung gebracht werden. Außerdem zeigen viele Hunde große Bereitschaft, ihre Besitzer*innen zu beschützen oder, wenn nötig, auch zu retten.
Auch wenn Pepper mich oft anschaut, als hätte ich ihr gerade das Herz gebrochen (was sie z. B. im Fall des Wurstbrötchens tut) – sie käme nie auf die Idee, mich zu hintergehen oder bewusst zu verletzen. Ihre Zuneigung zu mir ist die Definition von bedingungslos. Sie setzt Zuneigung nicht als Belohnung und Ablehnung nicht als Strafe ein. Wenn ich über Nacht 20 Kilo zunehmen würde, würde sie sich am nächsten Tag noch genauso darüber freuen, mich zu sehen. Ihr ist egal, wie erfolgreich ich in meinem Job bin, wie viel Gutes ich heut schon für die Menschheit getan habe oder wie klug meine Lebensentscheidungen sind: Pepper ist mein größter Fan – immer!
Können wir uns an dieser Art von Liebe bitte alle ein Beispiel nehmen? Ich will es zumindest gerne versuchen.
Fragst du dich immer noch, warum mein Hund wichtiger als ein Partner ist? Dann lies nochmal.

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Meine Ex-Freunde
Liebe Verflossenen, es gibt einen Grund, warum es mit uns nicht geklappt hat. Manche Gründe waren sehr offensichtlich, bei anderen war die Situation komplexer.
Dennoch habe ich von jedem von euch etwas wichtiges gelernt.
One response to “Warum mein Hund mir wichtiger ist als ein Partner”
[…] die anderen sind nicht mein Problem. Stattdessen tue ich das, wonach mir gerade ist: Das kann ein Spaziergang mit Pepper sein oder ich entlade meine gesamte Traurigkeit in mein Notizbuch. Und nein, nichts davon nimmt den […]